Sterbehilfe nimmt zu

Sterbehilfe nimmt zu

Die Zahlen zeigen es schwarz auf weiss: Auch im Thurgau hat Exit im 2016 mehr Menschen in den vorzeitigen Tod befördert.

Oft höre ich dann die Bemerkung, es sei richtig, dass die Menschen selbstbestimmt sterben dürfen.  Diese Art von Selbstbestimmung muss meines Erachtens hinterfragt werden, insbesondere wenn der krankheitsbedingte Tod nicht unmittelbar bevorsteht. Als Ärztin erlebte ich einige Menschen, welche einen ernsthaften Suizidversuch machten, jedoch dank rechtzeitigem Eingreifen von Angehörigen oder medizinischer Hilfe nicht daran starben. Fast alle lebten nachher gerne weiter. Studien belegen, dass weit mehr als die Hälfte für die Rettung dankbar ist und sich am weiteren Leben freut. Diese Tatsache zeigt, dass der Sterbewunsch eben oft nicht so konstant ist, wie Exit und andere Sterbehilfeorganisationen uns glaubhaft machen. Die mit deren Hilfe Verstorbenen können wir nachher nicht mehr fragen. Aber wir wissen: Der Lebenswille ist ein Stehaufmännchen – Gott sei Dank! Insbesondere bei psychischen Krankheiten erachte ich deshalb die Tätigkeit von Exit als hochproblematisch.  Zudem ist eine Selbsttötung für die Angehörigen belastend, obwohl sie im ersten Moment vielleicht aufatmen. Hinterher leiden sie sehr oft an Selbstvorwürfen und fragen sich, was sie zu einem natürlichen Ableben hätten beitragen können.

 Aus all diesen Gründen sollte die Schwelle zur Selbsttötung mit Exit auf keinen Fall gesenkt werden. Es darf meines Erachtens auch keine Pflegeheimleitung dazu gezwungen werden, Exit in ihren Räumen zuzulassen. Vielmehr dürfen wir die Schwerkranken ermutigen, die Hilfe der Palliativ Care anzunehmen. Die Palliativstation im Kantonsspital Münsterlingen und die Leistungen von Pflegeheimen und Spitex im palliativen Bereich bieten sehr viel mehr Hilfe als noch vor wenigen Jahren. Diese dürfen wir dankbar annehmen.

 

Dr. med. Regula Streckeisen, Präsidentin EVP TG, Romanshorn