Interview mit Wolfgang Ackerknecht im Tagblatt vom 24.07.2019

Bild: Andrea Stalder

«Warm­lau­fen für die Gross­rats­wah­len»

EVP-Präsident Wolf­gang Acker­knecht sagt, wieso Natio­nal­rats­wah­len auch für eine Klein­par­tei wich­tig sind.

Inter­view: Sebas­tian Kel­ler Tag­blatt

Die EVP Schweiz fei­ert ihr 100-Jahr-Jubiläum. Wel­chen Geburts­tags­wunsch haben Sie für die EVP Thur­gau?

Wolf­gang Acker­knecht: Dass wir uns als Par­tei mit unse­ren Wer­ten und Schwer­punk­ten im Thur­gau prä­sen­tie­ren kön­nen.

Die EVP ver­lor in den Thur­gauer Stadt­par­la­ments­wah­len drei von zehn Sit­zen. Das ist nicht ermu­ti­gend.

Das tut uns natür­lich weh. Als Par­tei mit weni­gen Sit­zen schmerzt ein Ver­lust umso mehr. Wir als Mit­te­par­tei lei­den dar­un­ter, dass der Kli­ma­wan­del Links­grün Auf­wind gibt.

Der Wäh­ler­an­teil der EVP lag 2015 bei 2,3 Pro­zent. Nun ist das Ziel 3 Pro­zent.

Man muss das Ziel hoch­ste­cken, um Ehr­geiz zu ent­wi­ckeln und die Mann­schaft zu moti­vie­ren. Das ist nicht ganz ein­fach, wir kämp­fen mit weni­gen Mit­teln – per­so­nell wie finan­zi­ell. Aber mit Zuver­sicht.

Drei Pro­zent rei­chen trotz Lis­ten­ver­bin­dung mit der BDP und der CVP nicht für einen Sitz.

Der Natio­nal­rats­wah­len sind für uns ein Warm­lau­fen für die Gross­rats­wah­len.

Sie sel­ber kan­di­die­ren nicht mehr für den Natio­nal­rat.

Mit mei­nem Rück­tritt aus dem Gros­sen Rat ist Roland Wyss nach­ge­rückt. Des­halb woll­ten wir ihn im Hin­blick auf die Gross­rats­wah­len bereits bei den eid­ge­nös­si­schen Wah­len ins Bild set­zen.

Wie lau­tet die Ziel­vor­gabe für den Früh­ling: Die fünf Sitze im Gros­sen Rat hal­ten?

Das ist ganz klar, die fünf Sitze sind unser Mini­mum­ziel. Es gibt auch Bezirke, in denen wir allen­falls zule­gen kön­nen.

Sie haben bei den eid­ge­nös­si­schen Wah­len eine Lis­ten­ver­bin­dung mit der BDP und der CVP. Ist die EVP der Juni­or­part­ner, wel­cher hilft, den CVP-Sitz zu sichern?

Das ist so. Wir sind mit der CVP in einer Frak­ti­ons­ge­mein­schaft im Gros­sen Rat, die Zusam­men­ar­beit funk­tio­niert sehr gut.

Ist die Unter­stüt­zung nur ein­sei­tig?

Ich denke, auch wir pro­fi­tie­ren von CVP-Wählern und ande­ren Krei­sen, wel­che die Mitte stär­ken wol­len. Wir wol­len hel­fen, den CVP-Sitz zu ver­tei­di­gen. Im Gros­sen Rat haben wir kein unbe­deu­ten­des Gewicht. Man spricht gerne vom Züng­lein an der Waage. Das tönt schön, aber bei gewis­sen The­men kann dies ent­schei­dend sein.

Klima- und Umwelt­schutz haben Kon­junk­tur. Steht die EVP abseits?

Nein. Bei der kan­to­na­len Bio­di­ver­si­täts­in­itia­tive sind wir dabei. Uns geht es um die Men­schen und die Umwelt. Ethi­sches Wirt­schaf­ten, sorg­sa­mer Umgang mit der Umwelt, gesunde Ent­fal­tung des Men­schen – das spielt alles zusam­men. «Mit Lei­den­schaft für Mensch und Umwelt» lau­tet unser Motto.

Ist das der Gedanke, der im Begriff Enkeltaug­lich­keit, den die EVP prägt, steckt?

Das ist rich­tig. Wir sind der Mei­nung, man muss an die nächste Gene­ra­tion den­ken und über­le­gen, was unser Han­deln für sie bedeu­tet. Wir sagen: Eine Ver­lang­sa­mung tut allen gut, wes­halb wir für qua­li­ta­ti­ves statt quan­ti­ta­ti­ves Wachs­tum sind. Der Wohl­stand muss sich auch am Wohl der Schwä­che­ren mes­sen las­sen kön­nen.

Der Begriff Nach­hal­tig­keit ist in der Bibel nicht zu fin­den. Lesen Sie ihn trotz­dem?

Nach­hal­tig­keit meint auch einen sorg­sa­men Umgang mit der Natur. Es geht darum, dass die Men­schen wie­der ein stär­ke­res Bewusst­sein zur Schöp­fung haben. In diese Rich­tung geht es bei der eid­ge­nös­si­schen Konzernverantwortungs-Initiative, die wir mit­tra­gen. Die Gross­kon­zerne machen mit Roh­stof­fen das grosse Geld. Daher darf man sie bei den Men­schen­rech­ten und dem Umwelt­schutz in die Pflicht neh­men.

Fin­den Sie das ein attrak­ti­ves Wahl­kampf­thema?

Attrak­tiv? Es ist ein Thema, das uns wich­tig ist. Unsere treue Wäh­ler­schaft erwar­tet in sol­chen Fra­gen von uns, dass wir zu unse­ren Wer­ten ste­hen. Das ist unsere DNA, Teil unse­res Job.

Wie steht es um den poli­ti­schen Nach­wuchs der EVP?

Im Okto­ber 2018 Jahre haben wir die junge EVP Thur­gau gegrün­det. Das Team um Pas­cale Leuch ist moti­viert unter­wegs. Bei den Gross­rats­wah­len wol­len sie in jedem Bezirk mit einer Liste antre­ten. Das ist ehr­gei­zig.

Die EVP ist eine ältere Klein­par­tei. Machen Ihnen die alten Gros­sen oder die neuen Klei­nen das Leben schwer?

Wahr­schein­lich beide. Ich glaube nicht, dass uns die klei­nen mehr Stim­men weg­neh­men als die gros­sen. Wir müs­sen unse­ren Weg gehen, manch­mal mit ande­ren zusam­men.

Im Früh­ling sind Regie­rungs­rats­wah­len. Ist eine EVP-Kandidatur ein Thema?

Das wäre natür­lich span­nend. Im Ernst: Wir müs­sen akzep­tie­ren, dass unsere Chan­cen und Mög­lich­kei­ten begrenzt sind.

Fin­den sie es gut, dass Klein­par­teien bei allen Wah­len mit­mi­schen?

Wahl­kämpfe beflü­geln das Geschäft. Die Eta­blier­ten müs­sen sich dadurch recht­fer­ti­gen und anstren­gen. Das ist sicher gut.

Zurück zum EVP-Geburtstag. Wofür soll die Thur­gauer Sek­tion die nächs­ten 100 Jahre ste­hen?

Sie wird als faire Brü­cken­baue­rin und Part­ne­rin wahr­ge­nom­men. Sie soll der Fami­lie einen hohen Stel­len­wert ein­räu­men, zu einem guten poli­ti­schen Klima bei­tra­gen und hof­fent­lich eine ermu­ti­gende Stimme sein und blei­ben.

 

Quelle: https://epaper.tagblatt.ch/#article/109/Thurgauer%20Zeitung/2019-07-24/17/247619128