Bericht zum Grossrat am 26. Januar 2022

Bericht zum Grossrat am 26. Januar 2022

Berichterstatter: Kantonsrat Christian Stricker, Amriswil

 

Die heutige Sitzung findet halbtags statt.

 

Die Ratspräsidentin Brigitte Kaufmann eröffnet pünktlich um 09.30 Uhr die Sitzung. Der Namensaufruf ergibt, dass 121 von 130 Ratsmitglieder anwesend sind.

 

  1. Gesetz über das Öffentlichkeitsprinzip (2. Lesung)

Keine Diskussion – an der nächsten Sitzung Redaktionslesung und Schluss-Abstimmung

 

  1. Motion «Mehr Sicherheit bei Wahlen und Abstimmungen»

In einer emotionalen Diskussionen prallen die Voten aufeinander.

«Die Regierung möchte gerne zum Alltag übergehen» und empfiehlt in der Konsequenz die Motion zur Ablehnung. Aus Sicht von Ueli Fisch (GLP) ist das ein falsches Signal nach aussen, da die Kontrollinstrumente zum Teil eben gerade nicht funktionierten. Er möchte den Grundsatz der «Plausibilisierung der Resultate» und den Grundsatz «Sorgfalt vor Tempo» ins Gesetz schreiben, damit solch eine Wahlfälschung nicht mehr geschehen kann und plädiert deshalb dafür, dass die Motion mit der Anpassung des Stimm- und Wahlrechtes als erheblich erklärt wird. Sabina Peter Köstli (die Mitte) ergänzt: «Eine gemeinsame Erarbeitung eines Muster-Ablaufs ist nötig, da die Differenzen innerhalb des Kantons riesig sind»… und es immer wieder zu Pannen komme.

Max Vögeli, Stadtpräsident von Weinfelden wehrt sich gegen einen Generalverdacht, der mit dem Gesetz geltend gemacht werde sowie gegen selbstverständliche Grundsätze, die man auf sämtlichen Ebenen ins Gesetz schreiben könnte… RR Walter Schönholzer verweist darauf, dass die Prüfung der Plausibilität künftig vom Kanton zusätzlich neu wahrgenommen werde. Auch er fragt, „ob die Anpassung der Gesetze sinnvoll sei, um zukünftig solche Fehler zu vermeiden.“

Als in der Schlussabstimmung die Nein-Mehrheit sichtbar wird, ertönt aus den bürgerlichen Reihen ein aufatmendes „endlich“. Die Mehrheit der EVP hätte es sich gewünscht, hier ein klares Zeichen zu geben.

 

Die Motion wird als „nicht erheblich erklärt“ mit 73 nein zu 37 ja. (EVP mehrheitlich ja)

 

  1. Motion «Wirtschaftsfreundliche, unbürokratische Abwicklung der Quellensteuer im Kanton Thurgau»

Die Motion wurde auf Antrag des Regierungsrates vom 29. Juni 2021 vom Grossen Rat an der Sitzung vom 4. Oktober 2021 erheblich erklärt. Sie verlangt ein gegenüber dem Status quo wirtschaftsfreundliches und unbürokratisches Quellensteuerverfahren sowie eine zentrale Organisationsstruktur. Der Regierungsrat hat mit RRB vom 16. November2021 die Verordnung zum Gesetz über Staats- und Gemeindesteuern angepasst. Die Änderung tritt per 1. Januar 2023 in Kraft. Das Motionsanliegen ist damit erfüllt. Die Präsidentin des Grossen Rates beantragt deshalb, den Motionsantrag als erledigt abzuschreiben.

Kristine Vietze, Motionärin: „Wir sind mit der Beantwortung zufrieden und bedanken uns für die zügige Inkraftsetzung. Das Anliegen der Motionäre ist damit erfüllt.“ 

Dies sieht der Grosse Rat mit grossem Mehr gleich. Das Geschäft ist somit erledigt.

 

  1. Interpellation «Verfügbarkeit von erneuerbarer Energie im Thurgau» mit 100 Mitunterzeichnern

Aus Sicht von Beat Pretali (FDP) besteht Gesprächsbedarf. Mit grossem Mehr bestätigt das der Grosse Rat.

 

Diskussion: Aktuell verbraucht der Kanton Thurgau 7700 Gigawatt-Stunden; bis 2030 soll auf 7000 Gigawatt-Stunden reduziert werden – u.a. mit 25% erneuerbarer Energie. Bis 2050 soll der Anteil der erneuerbaren Energie auf 100% erhöht werden. Der Regierungsrat erkennt die Versorgungslücke im Winter-Halbjahr und verweist in seiner Antwort auf den freien Markt. Aus Sicht von Pretali „braucht es aber einen kollektiven Kraftakt mit einem Puzzle von Massnahmen entlang der Wertschöpfungskette“. Es brauche die Klärung, wer die Aufgabe der Koordination übernehme.

Kurt Baumann: Eine besondere Herausforderung sei, dass aktuell viele Projekte durch Rechtsverfahren blockiert seien und es an Speicherkapazitäten fehle in Zusammenhang mit Gas. „Es braucht ein griffiges System mit konkreten Anreizen.“  

Simon Wolfer (Die Mitte/EVP): „Längerfristig braucht es Initiativen, kräftige Investitionen – auch vom Kanton Thurgau. Vorausschauend gilt es, sich Gedanken zu machen, um weiterhin rechtzeitig Signale zu setzen z.H. einer langfristigen Strategie.“      

Simon Vogel (GP): „Der Zuwachs von erneuerbarer Energie im Thurgau ist oberstes Ziel. Das EKT kann und muss mehr Verantwortung übernehmen. Die finanziellen Mittel wären vorhanden.“

Peter Schenk (EDU): „Verantwortung zu übernehmen ist DIV-Chef-Sache… Die ergiebigste Energiequelle bleibt nach wie vor ungenutzt – die Geothermie.“

Josi Gemperle (Die Mitte/EVP): „Seit längerem versuche ich eine Bewilligung für Fassaden-PV – sehr schwierig. Da ist immer jemand da, der verhindert. Warum? Warum brauchen wir so lange, um Windenergie zu nutzen? Sogar Deutschland interveniert bei unseren Projekten … und wir hören und wir warten und verzögern.“

Abschliessendes Votum von RR Walter Schönholzer: „Ich bin dankbar, dass dieses Thema endlich schweizweit in den Fokus von Medien und Politik gelangt. Die Bewilligungsverfahren müssen radikal beschleunigt werden. Denn das Potential an zusätzlichen Wasserkraftwerken ist klein. Es ist frustrierend und eigentlich zu spät! In der Schweiz haben wir viel zu lange gewartet. Jetzt gilt es anzupacken und nicht gleich auf Fundamentalopposition zu gehen, wenn sich vor der Haustüre Möglichkeiten zeigen. Eine weitere Herausforderung liegt darin, dass zum Beispiel das PV-Projekt am Muttsee – Stausee nur zustande kam dank der Zusage von Denner, den Strom zu nutzen mit einem Preis, der weit höher ist, als der marktübliche. Zudem ist die europäische Vernetzung entscheidend – Spanien hat für PV-Anlagen wesentlich günstigere Voraussetzungen, Nordeuropa für Windenergie.… Wir müssen Teil des europäischen Netzes sein. Der Thurgau alleine kann die Versorgungssicherheit nicht gewährleisten. Der RR tut, was er kann, auch wenn uns ein harter Wind um die Pfeife bläst.“

 

Die Grossrats-Sitzung endet um 12.20 Uhr