Berichterstatter: Kantonsrat Roland Wyss, Frauenfeld
Zurück in Frauenfeld trafen wir uns aufgrund der hohen Geschäftslast bereits um 07.00 Uhr zur Fraktionssitzung.
Pünktlich um 09.30 Uhr begrüsst der Grossratspräsident zur ganztägigen Sitzung.
Es sind 125 Grossrätinnen und Grossräte anwesend. Der Rat ist beschlussfähig.
1. Änderung der Geschäftsordnung des Grossen Rates des Kantons Thurgau (20/VO 5/527)
2. Lesung
In der zweiten Lesung stellte die EDU einen Antrag, den §61 so anzupassen, dass alle Fraktionen mindestens einen Sitz in den Kommissionen haben. Derzeit ist die Sitzverteilung proportional zum Rat. Die Tendenz, dass es in Zukunft noch mehr kleinere Fraktionen geben kann, würde das Verhältnis in den Kommissionen beeinflussen. Vor allem die SVP äusserte sich gegen diesen Vorschlag, da sie vermutlich einer der Verlierer wären. Sie führen das Argument ins Feld, dass dadurch die Kommissionsarbeit verfälscht und es im Rat vermehrt zu Anträgen gegen die Kommissionsfassung kommt. Mehr dazu im nächsten Traktandum.
Schön war die positive Erwähnung der EVP, die durch ihre Fraktionsgemeinschaft mit der Mitte jeweils gut in den Kommissionen vertreten ist.
Der Antrag wurde mit 6 Ja zu 116 Nein bei 2 Enthaltungen (EVP) abgelehnt.
Die Vorlage geht nun in die Radaktionskommission. Die Redaktionslesung und Schlussabstimmung werden in der nächsten Sitzung erfolgen.
2. Änderung des Waldgesetzes (20/GE 24/458)
Votum von Roland Wyss
Eintreten, 1. Lesung
Einleitend wurde von vielen die Frage gestellt, was zuerst sein sollte: die Gesetzesänderung oder das Mountainbikekonzept. Da es nicht nur um Anpassungen zu Regelungen für die Nutzung der Biker geht ist für mich das Vorgehen Gesetz vor Konzept nachvollziehbar.
Auch der Respekt gegenüber den Waldbesitzern wird oft erwähnt, wird allerdings in der Beratung schnell vergessen.
Somit wäre ich bei der oben angesprochenen Gewichtung der Kommissionsarbeit. Nachdem das Eintreten in der Kommission mit 13:2 beschlossen wurde, war es im Rat bestritten.
Nach langer Diskussion beschliesst der Rat Eintreten mit 65 Ja zu 59 Nein.
Der erste strittige Punkt im §6 ist, ob der Staatsforstbetrieb auch forstnahe Arbeiten für Dritte ausführen darf. Hier meldeten sich die sogenannten Wirtschaftsvertreter mit ablehnender Haltung zu Wort. Und wieder stellt sich die Frage: Erfüllt der Staat Aufgaben, die die Wirtschaft nicht erbringt oder erbringt sie die Wirtschaft nicht, weil es der Staat macht. Entgegen meiner Meinung sieht es der Grossteil des Rates in diesem Bereich wie Zweiteres: dem Streichungsantrag wird mit 68 Ja zu 52 Nein bei 4 Enthaltungen zugestimmt.
Wie erwartet gibt der §37 viel zu reden. Zuerst wird ein Antrag gestellt, der die Waldreservate auch inkludieren soll. Da dies übergeordnet geregelt ist, lehnt der Rat den Antrag mit 33 Ja zu 79 Nein bei 6 Enthaltungen ab.
Nun wird der angekündigte Antrag Lei zur Streichung des ganzen §37 gestellt. Hier sollten die Übertretungen und der Vollzug klarer geregelt, aber auch erweitert werden. Als Eigentümervertreter habe ich dazu mein ablehnendes Votum gehalten (Link Votum). Unsere Fraktion, die EVP und auch die Regierung waren dagegen. Der Antrag wurde mit 69 Ja zu 56 Nein angenommen. Soviel zur Wichtigkeit der Partei-Vertretung in den vorberatenden Kommissionen. Ein solcher Streichungsantrag wurde da nicht diskutiert. Weitere Bemerkungen gab es nicht mehr. Die 2. Lesung findet an der nächsten Sitzung statt.
3. Biodiversitätsstrategie Thurgau und Massnahmenplan Biodiversität 2023–2028 (20/BS 58/535)
Eintreten, Detailberatung, Beschlussfassung
Das Eintreten war unbestritten und somit beschlossen.
Grossmehrheitlich gibt es positive Rückmeldungen zur Strategie. Von «die Umsetzung soll verhältnismässig erfolgen» bis zu «es geht zu langsam und es wird zu wenig gemacht» war in den Eintretensvoten alles dabei. Die Haltung der Fraktion und somit auch der EVP wurde im Votum von Christian Stricker gut ausgeführt (Link Votum).
Nach der Mittagspause geht es weiter mit der Beratung.
Es sind 120 Grossrätinnen und Grossräte anwesend. Der Rat ist beschlussfähig.
Zu den Kapiteln 1 bis 5 gab es einige Bemerkungen aus dem Rat. Die Datenerhebung beim Zustand der Feuchtgebiete wird als fraglich bezeichnet, die ökologischen Ausgleichsflächen der Landwirtschaft werden zu wenig berücksichtigt oder die Förderung der Biodiversität in der Landwirtschaft müsse verstärkt werden.
Bei den einzelnen Massnahmen wurde darauf verwiesen, dass die Massnahmen 1 und 3 die kostenintensivsten sind und gut kontrolliert werden müssen. Bei einzelnen Massnahmen wurde bemängelt, dass sie wenig mit einer guten Landwirtschaft zu tun haben, ja sogar zurückgenommen werden müssten.
Schlussendlich nimmt der Grosse Rat die Strategie mit 96 Ja zu 19 Nein bei 1 Enthaltung zur Kenntnis.
4. Parlamentarische Initiative von Bruno Lüscher, Barbara Dätwyler, Martina Pfiffner Müller, Kurt Baumann, Isabelle Vonlanthen-Specker, Hans Feuz, Alexander Sigg vom 22. November 2023 „Selbstbestimmung am Lebensende auch in Pflegeeinrichtungen“ (20/PI 13/598)
Vorläufige Unterstützung
Schon beim ersten Votum spürt man, dass es um ein schwieriges Thema geht, nämlich den Tod. Die Stimmung im Saal ist gedrückt und es ist sehr ruhig.
Während der Diskussion markt man schnell, dass bei Einigen die persönliche Wahlfreiheit zu Oberst steht. Was Sie wollen, soll der Staat ermöglichen, ja sogar durch ein Gesetz bestimmen.
Dass dieses Thema die EVP bewegt, merkt man an den vielen Voten. Das Fraktionsvotum hält Elisabeth Rickenbach (Link Votum), Einzelvoten werden durch Christina Fäsi (Votum) (ferienbedingt durch Mathias Dietz), von Mathias Dietz ( Votum) und Christian Stricker (Link Votum) vorgetragen. Gerne hätte ich auch etwas dazu gesagt, hielt mich aber infolge der diversen anderen Voten zurück. Als Stiftungsratsmitglied eines Altersheimes kann ich den Vorstoss weder verstehen, noch unterstützen. Das Thema begleitetes Sterben wird sich in den nächsten Jahren nochmals wandeln und im freien Markt von selber regeln. Egal welche Haltung man dazu hat; dafür brauch es mit Bestimmtheit keine gesetzlichen Vorgaben.
Seitens Regierung kam noch der Hinweis, dass die parlamentarische Initiative als schärfstes Instrument des Parlamentes mit Bedacht gewählt werden solle, dies hier aber nicht richtig ist.
Die Parlamentarische Initiative wurde mit 39 Ja zu 69 Nein bei 3 Enthaltungen abgelehnt.
5. Motion von Josef Gemperle, Beat Pretali, Marina Bruggmann, Simon Vogel, Marco Rüegg, Roland Wyss, Stefan Leuthold, Kilian Imhof, Cornelia Hasler vom 1. März 2023 „Gesetzliche Grundlagen für die Windenergie im Thurgau schaffen zur Sicherstellung einer nachhaltigen Energieversorgung und zum Nutzen für die Thurgauer Bevölkerung“ (20/MO 43/474)
Beantwortung, Diskussion, Beschlussfassung
Man soll es auch dem Bericht anmerken: meine Konzentrationsfähigkeit schwindet.
Wie RR Dominik Diezi am Schluss der Beratung treffend bemerkte, ging es zum Glück nicht um eine Winddebatte, sondern um die Gesetzgebung. Für die Einen ist alles bereits übergeordnet geregelt und braucht keine Ergänzung, für andere wäre eine Präzisierung hilfreich und förderlich. Da könnte man wieder einmal sagen: nützts nüt so schadt's nüt. Persönlich bin ich aber fest davon überzeugt, dass es hilfreich ist.
Josi Gemperle sprach als Motionär, Kilian Imhof hat das Fraktionsvotum gehalten und Christian Stricker sprach in eigenem Namen (Link Votum).
Da eine Motion auch teilerheblich erklärt werden kann und einzelne Punkte bestritten sind, wird separate darüber abgestimmt. Seitens Regierung wurde versprochen, die Anträge 3 und 4 auch bei Ablehnung vertieft zu prüfen.
Antrag 1 (Einbezug von Direktbetroffenen): 65 Ja, 37 Nein, 1 Enthaltung
Antrag 2 (Entschädigung der Direktbetroffenen): 65 Ja, 38 Nein
Antrag 3 (Beteiligung an Wertschöpfung): 52 Ja, 45 Nein, 31 Enthaltung
Antrag 4 (Vorgaben zu Lärm und Schattenwurf): 31 Ja, 66 Nein, 6 Enthaltung
Antrag 5 (Sicherheit und Rückbau): 79 Ja, 23 Nein
Die Traktanden 6 bis 10 werden an einer der nächsten Sitzungen traktandiert.
Der Präsident verliesst die Eingänge einer Motion, einer Interpellation und vier einfachen Anfragen.
Die Sitzung endet um 17.20 Uhr.