Bericht zur Grossratssitzung vom 29.06.2022

Bericht zur Grossratssitzung vom 29.06.2022

Berichterstatter: Kantonsrat Roland Wyss, Frauenfeld

 

Pünktlich um 09.30 Uhr begrüsst der Vizepräsident des Grossen Rates Andreas Zuber anstelle der krankheitshalber abwesenden Grossratspräsidentin zur ganztägigen Sitzung.

 

Es sind 116 Grossrätinnen und Grossräte anwesend. Der Rat ist beschlussfähig.

 

Der FC Grosse Rat Thurgau ist erfolgreich in die Saison gestartet und scheiterte am ersten Turnier erst im Final am amtierenden Schweizermeister, dem FC Kantonsrat St. Gallen im Penaltyschiessen.

 

Als Ersatz von Hans Stark wurde Paul Koch für diese Sitzung ins Büro gewählt.

 

1. Kantonsbürgerrechtsgesuche (20/EB 4/184)

Zu den Bürgerrechtsgesuchen gab es keine Diskussion.

Die 5 Gesuche der Schweizer Bürgerinnen und Bürger wurden mit 114 Ja zu 0 Nein angenommen, diejenigen 88 Gesuche der Ausländerinnen und Ausländer mit 109 Ja zu 4 Nein.

 

2. Interpellation von Nicole Zeitner und Stefan Leuthold vom 12. Januar 2022 "O Land, das der Thurstrom sich windend durchfliesst …" (20/IN 26/257)

Beantwortung

Auf Antrag der Interpellantin wurde der Diskussion grossmehrheitlich zugestimmt.

In der Renaturierung der Thur sieht man grosses Potenzial für Mensch und Natur. Eine intakte Landschaft ist bei immer grösserer Bebauung des Landes sehr wichtig. Sie bietet auch Chancen für den Tourismus. Als positives Beispiel wird die Aufwertung Schaffäuli bei Niederneunforn genannt, welche auch gute Erfahrungen für den Bereich der Murgmündung in Frauenfeld liefert.

Die Situation in Frauenfeld ist allerdings nicht direkt mit dem Schaffäuli vergleichbar. Spezifische Umstände wie die Anlagen des Waffenplatzes, die Trinkwasserversorgung und der Hochwasserschutz müssen ebenfalls beachtet werden. Zudem werden die erstellten Dämme nicht nur negativ angesehen, auch sie haben zu einer grossen Vielfalt an Biodiversität beigetragen. Ebenfalls sollte der Nutzung des Naherholungsgebietes Allmend Rechnung getragen werden.

Wir sind gespannt, wie die Projekte der Botschaft Thur+ effektiv umgesetzt werden. Die EVP steht den Renaturierungen grundlegend positiv gegenüber. Wie weit sie gehen sollen, wird auch parteiintern noch zu Diskussionen führen.

 

 

3. Ersatzwahl von zwei Mitgliedern der Geschäftsprüfungs- und Finanzkommission für den Rest der Amtsdauer (20/WA 51/315)

Als Ersatz für zwei zurückgetretene Mitglieder wurde die vorgeschlagenen Grossrätinnen mit grosser Mehrheit gewählt.

 

4. Geschäftsbericht 2021, umfassend den Rechenschaftsbericht des Regierungsrates und die Staatsrechnung, sowie Tätigkeitsbericht 2021 des Datenschutzbeauftragten (20/BS 34/288)

Eintreten, Detailberatung, Beschlussfassung

Als Sprecherin der GFK stellt Kris Vietze die Eckdaten der Rechnung nochmals vor und erwähnt die endlich gestiegenen Nettoinvestitionen, was von der GFK sehr begrüsst wird.

Der hohe Gewinn von rund 132 Mio. Franken resultiert hauptsächlich aus höheren Steuererträgen und Mehrauszahlungen der Nationalbank und der TKB, was auch von den Fraktionssprecherinnen und -sprechern erwähnt wird. Ebenfalls wir der interessante Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten explizit hervorgehoben.

Eintreten ist obligatorisch und unbestritten.

In der Detailberatung gab es nur wenige Fragen und Bemerkungen:

- Entnahme von Geldern für Fahrzeuge aus der Spezialfinanzierung rechtmässig? Antwort Regierungsrat: Ja

- Rückgang des Aufwandes für Littering auch im laufenden Jahr? Antwort RR: nein, Minderauslagen waren coronabedingt

- Abrechnung Neubau Stall Arenenberg abgeschlossen? Antwort RR: wird dem Protokoll beigefügt

 

Die grosse Diskussion wird über die Gewinnverwendung geführt. Der Antrag der Regierung wurde von der GFK insofern angepasst, dass die vorgeschlagenen Vorfinanzierungen der Museen und die Rückstellung Flüchtlinge Ukrainekrieg gestrichen und ebenfalls dem Bilanzüberschuss zugewiesen werden. Es kommen einige Anträge aus den Fraktionen:

- die FDP und die SVP unterstützen den Antrag der GFK

- die GLP stellt einen Antrag um Vorfinanzierung des Museums Arbon

- die Mitte / EVP will die Einlage in den Energiefond erhöhen, um auch Entwicklungen und Produktionen im Bereich der erneuerbaren Energien zu fördern

- die Grüne will die Einlage der NFA-Schwankungsreserven reduzieren, alles andere wie von der Regierung vorgeschlagen belassen und dafür den Energiefond zusätzlich äufnen

Die Sprecherin der GFK erklärt, dass solche Anträge bereits in der GFK diskutiert und von einer Mehrheit abgelehnt wurden. Regierungsrat Urs Martin lehnt den Antrag der Grünen ab, da die Schwankungsreserven nicht reduziert werden sollen. Der Antrag der Mitte/EVP lehnt er infolge fehlender rechtlicher Grundlagen ab. Der Antrag der GLP wird von der Regierung hingegen unterstützt.

Alle Anträge wurden als gleichwertig erachtet und einander gegenübergestellt. Durch die Mehrheit der SVP und FDP wurde der Antrag der GFK mit 60 Stimmen angenommen. Die anderen Anträge haben folgende Stimmer erhalten: GLP 9, die Mitte/EVP 21, Grüne 22.

 

In der Schlussabstimmung wurden dem Geschäftsbericht und der Jahresrechnung grossmehrheitlich zugestimmt. Auch die Verwendung des Ertragsüberschusses und die Teilauflösung der Rückstellung von Härtefällen wurde angenommen. Der Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten wurde zur Kenntnis genommen.

 

Nach der Mittagspause wird die Sitzung mit 112 Mitglieder um 14.15 weitergeführt.

 

5. Fragestunde (20/FR 1/330)

Erstmals findet die Fragestunde im Grossen Rat statt.

Die erste Frage wird von KR Pascal Schmid gestellt: Wer muss nach häuslicher Gewalt die Wohnung verlassen und braucht es dazu eine Gesetzesanpassung? Antwort Regierungsrat: Im Thurgau ist es so, dass der Aggressor oder die Aggressorin aus der Wohnung/dem Haus weggewiesen werden kann. Eine gesetzliche Anpassung ist nicht nötig.

Urs Schär: Wer entscheidet ob und wer Fahrzeuge für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschaffen darf? Antw. RR: Es muss ein Budgetkredit vorliegen. Dann entscheidet die Amtsleitung über die Beschaffung von Dienstfahrzeugen, wobei beim Vorgehen zwischen Einsatzfahrzeugen und Poolfahrzeugen unterschieden werden muss.

Paul Koch: Wird das Gesetz, welche die Ausbildung von nichtunversitären Personen im Pflegebereich fördert auch umgesetzt? Antw. RR: Ja. Es kann ein Anstieg der Ausbildungsstellen festgestellt werden. Heime, die ihre Plätze nicht belegen, müssen eine Entschädigung in einen Pool einbezahlen.

Peter Bühler: Im Museum Arbon läuft ein selektives Verfahren für den Projektwettbewerb. Was sind die beurteilten Kriterien und sind die Kosten auch enthalten? Antw. RR: Für die Auswahl der Teilnehmer wird die Qualität und die Referenzen der Planungsbüros geprüft, ein Kostendach ist im jetzigen Stadium noch nicht enthalten.

Nina Schläfli: Erstellt der Kanton zum Schutz der menschlichen Gesundheit einen Hitzeaktionsplan? Antw. RR: Ansätze dazu sind in der aktuell in Bearbeitung stehenden Klimastrategie enthalten. Nach der Vernehmlassung wird auch ein Aktionsplan erstellt.

 

6. Parlamentarische Initiative von Toni Kappeler, Stefan Leuthold und Josef Gemperle vom 30. März 2022 "Flexibler Energiefonds" (20/PI 4/296)

Vorläufige Unterstützung

Der regierungsrätliche Antrag auf vorläufige Unterstützung wird sowohl von den Motionären wie auch von den meisten Fraktionen unterstützt. Es wird allerdings darauf hingewiesen, dass diese Gelder auch ausgegeben werden.

Einzig die SVP ist gegen die Öffnung der Obergrenze. Sie sehen das Problem nicht in der Bereitstellung der Mittel, sondern an den zu geringen Anträgen. Sie stellen die Frage, ob diese Förderung wirklich eine Staatsaufgabe ist, oder ob nicht eher ein Umdenken in der Gesellschaft erforderlich ist.

Die parlamentarische Initiative wird mit 73 Ja zu 33 Nein vorläufig unterstützt.

 

7. Änderung der Verordnung des Grossen Rates über die Besoldung des Staatspersonals (BesVO) (20/VO 3/265)

Eintreten, 1. Lesung

Die GFK Präsidentin erklärt, dass neu die Bezeichnung «erfüllt» anstelle von «guten» Leistungen eine Lohnerhöhung voraussetzt. Die Bezeichnung ist eine Angleichung an das aktuelle Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterbeurteilungssystem und wird als folgerichtig erachtet. Wie in der GFK war die Vorlage auch im Grossen Rat unbestritten und wurde in der 1. Lesung gutgeheissen.

 

8. Beschluss des Grossen Rates zum Nachtragskredit 2022 betreffend Rüstfahrzeug für den Ölwehrstützpunkt Romanshorn (20/BS 41/326)

Eintreten, Detailberatung, Beschlussfassung

Die Präsidentin der GFK kann sich hier noch kürzer fassen. Durch Lieferengpässe gab es Verzögerungen. Die Lieferung erfolgt nun in diesem Jahr. Eine Diskussion im Rat fand nicht statt, da nicht gewünscht.

Der Vorlage wird mit 89 Ja zu 0 Nein zugestimmt.

 

9. Änderung des Gesetzes über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (JG) (20/GE 13/248)

Eintreten, 1. Lesung

Dieses Traktandum wird verschoben, da RR Komposch die Sitzung vorzeitig verlassen musste.

 

10. Interpellation von Jacob Auer und Didi Feuerle vom 8. Dezember 2021 "Faire Löhne für den Kanton Thurgau" (20/IN 23/253)

Beantwortung

Felix Meier vertritt den Interpellanten Jacob Auer, welcher krankheitshalber nicht anwesend ist und beantragt Diskussion. Dieser wird grossmehrheitlich zugestimmt.

Mindestlöhne seien wichtig, ja unerlässlich. Sie tragen zu einem besseren Leben für alle bei. Gerade die Erfahrungen aus der Coronazeit zeigen uns dies auf.

Das Anliegen eines Mindestlohnes ist einerseits verständlich, andererseits birgt es viele Risiken. Fördert man dadurch die Schwarzarbeit? Wieso noch eine Lehre absolvieren, wenn man nachher gleich viel verdient?

Es geht doch nicht, dass Menschen die hundert Prozent arbeiten, zu wenig Geld zum Leben haben. Hier müssen Lösungen gefunden werden. Ansätze dazu sieht man allerdings eher in einem intensiveren Austausch mit den Gewerkschaften statt mit Mindestlöhnen. Ein Patentrezept kann aber kein Sprecher vorlegen.

 

11. Interpellation von Josef Gemperle vom 7. Juli 2021 "Überprüfung und Abstimmung der kantonalen Energieförderung auf die neuen Herausforderungen im Bereich Energie und Klima, insbesondere auf den Bedarf an Winterstrom"
(20/IN 21/203)

Beantwortung

Da der alleinige Interpellant nicht anwesend ist, wird das Traktandum auf eine der nächsten Sitzungen verschoben.

 

 

Zum Schluss der Sitzung verliest der Vizepräsident die vielen Neueingänge, verabschiedet Daniel Frischknecht und René Gubler aus dem Grossen Rat und schliesst die Sitzung um 16.00 Uhr.